Gourmetklöße in Sondershausen

Donnerstag, den 20. September 2012 um 15:45 Uhr
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Auf dem Weg nach Sondershausen wird Klaus immer wieder aufgehalten. Oft bleibt er in Bad Langensalza oder Ebeleben hängen. So kam es auch zu einer unangenehmen Situation, als er deswegen seinen Auftritt bei den Schlossfestspielen verpasst hat. Zum Glück wissen die Sondershäuser nicht, was ihnen damit erspart geblieben ist. Dennoch fühlte Klaus sich verpflichtet, dies wieder gut zu machen.

Schnurstracks fuhr Klaus nach SDH, wie manch sprechfauler Thüringer liebevoll zu sagen pflegt. Er versuchte sich nicht von anderen interessanten Dingen aufhalten zu lassen. Es war noch warm, so kamen potenziell die Bebraer Teiche in Betracht. Doch Klaus blieb standhaft. Naja, als Warmbader hätte er vor dem finalen Sprung ins Wasser noch einmal sehr lange überlegt. Beim Erlebnis-Bergwerk allerdings wäre Klaus fast schwach geworden. Er hatte schon viel Abenteuerliches von diesen unterirdischen Katakomben gehört, sich aber bisher noch nie getraut, dort auch einzufahren. Salz-Rutschen, Mountain-Bike-Rennen oder Spreewald-Kahn-Fahrten klingen sehr verlockend. Und das alles in 700 Metern Tiefe. Einen unterirdischen Freizeitpark hat man in Sondershausen eingerichtet, um oben nicht in die beschauliche Landschaft der Hainleite eingreifen zu müssen. Naja, ein bisschen ist oben dann doch zusehen. Wie auch immer, Klaus beschloss, sich das Bergwerk für einen späteren Zeitpunkt aufzuheben. Irgendwann im Winter nämlich, wenn oben schlechtes Wetter ist und es unten immer noch 27° C sind. Das Schlossmuseum dagegen kannte er schon aus einigen Besuchen hier und auch in der prunkvollen Kutsche hatte er schon mehrfach Probe gesessen, so dass hiervon keine Ablenkung zu erwarten war.

Als er nun ins Schloss wollte, lief ihm sein alter Kumpel Steffen über den Weg.

Steffen: „Hallo, Klaus, schön das du mal wieder hier bist. Ich hätte nicht gedacht, dass du dich nochmal her traust, nach deinem Verschwinden vor den Schlossfestspielen.“

Klaus: “Ähm, ja, ähmm … ich wurde unglücklich aufgehalten… Aber jetzt bin ich ja da.“

Steffen: „Leider etwas zu spät. Die Schlossfestspiele sind schon eine Weile vorbei.“

Klaus: “Na macht doch nix. Ich dachte, wir organisieren eine spätsommerliche Rocknacht hier im Schlosshof.“

Steffen: „Ist eigentlich eine gute Idee. Hast du da schon jemanden im Auge, der hier auftreten kann?“

Klaus: “Na selbstverständlich! Mich natürlich. Superstar ist mein zweiter Nachnahme…“

Steffen: „Ach so, an dich hätte ich jetzt nicht gedacht.“

Klaus: “Was? Wieso nicht? Ich glaube du unterschätzt mich. Erinnerst du dich noch, als du mir weismachen wolltest, in Sondershausen kauft sowieso niemand Klöße?

Steffen: „Na gut, hast ja recht, auch wenn du einem hier nicht aus den Händen gerissen wirst!“

Klaus: “Ich hab eine Stimme wie Freddy Mercury, wenn ich loslege.“

Steffen: „Na dann lass doch mal was hören!“

Klaus: “Ähm, na gut… ‚ Creuzburger Nächte sind lang,.. Creuzburger Nächte sind lang,..  Erst fang’se ganz langsam an, aber dann, aber dann…‘ “

Steffen: „Oh Klaus, ich glaub das genügt für`s Erste. Wenn ich das so höre, bin ich ganz froh, dass du bei den Schlossfestspielen aufgehalten wurdest. Lass uns mal ein bisschen dort in die Ecke gehen, da gucken schon Leute ganz komisch. “

Klaus: “Wie bitte? Was soll das denn jetzt heißen?“

Steffen: „Da fällt mir ein, der Schlossplatz ist die nächste Zeit auch schon ausgebucht, Firmenveranstaltungen usw..“

Klaus: “Hey, so schlecht war das jetzt auch wieder nicht.“

Steffen: „Ja aber du solltest dich echt auf deine anderen Stärken konzentrieren. Auf`s Klöße kochen zum Beispiel.“

Klaus: “Apropos kochen. Ich hab jetzt einen ganz schönen Hunger. Lass uns doch erst mal was essen gehen. Im Schloss habt ihr doch eine interessante Lokalität.“

Steffen: „Bitte? Heute ist Dienstag. Glaubst du, dass ich jeden Tag ins Schloss essen gehe? Das ist ein Gourmet-Schloss. Da muss schon etwas Besonderes anliegen, damit ich dort hingehe.“

Klaus: “Gourmet-Schloss? Was soll das denn? Soll das bedeuten, man kann dort nicht einfach hingehen und gute Klöße essen?“

Steffen: „Selbstverständlich nicht. Anmelden solltest du dich auf alle Fälle vorher… Und Klöße gibt es in der gehobenen Küche schon gar nicht.“

Klaus:“WAAAS? KEINE KLÖßE? Das darf doch nicht wahr sein! Ich glaub ich hab eine Mission! Ich werde den Gourmet-Jungs da oben mal zeigen, was es in einem Thüringer Lokal geben sollte…“

Steffen: „Mach du nur, aber halte mich bitte da raus.“

Klaus:“Das mach ich jetzt auch. Wir sehen uns…Ich komme nachher nochmal zu dir in die Touri-Info.“

Steffen: „Machs gut Klaus und sag bitte keinem, dass wir uns kennen…“

Klaus machte sich auf ins Schloss. Er musste nur den feinen Düften nachgehen, so war die Küche des Restaurants schnell gefunden. Am Eingang fiel ihm die Karte vor die Füße. "Lachsfilet, Carpaccio, geräuchertes Selleriepüree, Wallnusspesto, …" Das klingt zwar alles lecker, aber der gemeine Thüringer erwartet nun mal eine Roulade mit Klößen auf dem Tisch… Klaus nahm einen Stift und kreierte ein eigenes Menü. Roulade mit Thüringer Klößen. So muss es sein! Vorsichtig stellte er die Karte auf den Tisch in der Küche zurück und legte eine Postkarte dazu. Mit Kloßrezept natürlich. Handschriftlich vermerkte er auch noch, wie Rouladen zu erstellen sind. Um nicht weiter aufzufallen, zog er sich in ein Regal mit Küchenutensilien zurück und beobachtete das Geschehen. Ein Küchen-Azubi kam zum Tisch und schnappte sich die Karte. Zunächst runzelte er die Stirn etwas, fing aber kurz darauf an, die Kartoffeln gemäß Anleitung vorzubereiten. Klaus sah den Vorgängen selbstzufrieden zu. Der Azubi machte beim Herstellen der Klöße eine gute Figur. Als er fast fertig war, kam eine Dame aus dem Service in die Küche. Sie wunderte sich etwas über das Treiben des Azubi. Dieser wies aber auf die Karte und konnte damit ihr Misstrauen ausräumen. Sie übernahm die Angaben und verschwand im Restaurant. Kurze Zeit später erschien die nächste Servicekraft, die von der anderen offenbar informiert worden war und überzeugte sich von der Wahrhaftigkeit des Gerüchtes… Der Azubi machte seine Sache sehr gut. Die ersten Bestellungen kamen und er richtete die Teller an. Nun wurde es Klaus allerdings doch etwas mulmig. Ihm wurde eben erst klar, was er da angerichtet hatte. Er suchte nach einem Fluchtweg und versuchte langsam das Weite zu suchen, als die Tür zum Resaturant aufging und jemand „Großartig, die Klöße kommen sehr gut an!“ rief. Das beruhigte ihn etwas. Dennoch nutzte er die Unruhe in der Küche und machte sich aus dem Staub. Wer nach Sondershausen kommt und ins Gourmet-Schloss essen geht, muss sich nicht wundern, dass es dort jetzt auch Klöße gibt. Mit etwas Glück läuft einem auch Klaus über den Weg, der des Öfteren bereits in der Touristinformation gesehen wurde.

 

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